Pure emotion around heritage, craftsmanship and innovation.
B.I. Collection: Florentina, Du hast früher bei dem IT-Spezialisten SAP im Verkauf gearbeitet. Jetzt führst Du ein Weinhandelsgeschäft in Zürich. Wie kam es zu diesem großen “Career Change”?
Ich entdeckte meine Leidenschaft für Wein durch Silvio Denz, meinen Schwiegervater. Er hat mich von Anfang an in die Welt des Weins eingeführt und mir die tollsten Weine kredenzt. Obwohl ich aus einer deutschen Weinregion stamme, hat mich Silvio mit seiner Begeisterung und seinem Wissen angesteckt. Ich wollte immer mehr erfahren und durfte ihm all meine Fragen stellen. 2018, als Silvio beschloss, sich mehr auf seine Weingüter, die Rebberge und die Produktion des Weins zu konzentrieren, übergab er Denz Weine in die Hände seines Sohns Claudio, meinem Ehemann. Claudio und ich waren uns schnell bewusst, um welch ein Juwel es sich handelte. Mit meiner Erfahrung aus dem Sales bei SAP und meiner neuen Weinpassion war es mein Wunsch, Denz Weine weiterzuentwickeln. Bei SAP hatte ich mit digitalen Produkten zu tun, aber mit Wein darf ich nun etwas Emotionales zum Anfassen und Genießen betreuen. Das ist eine herausfordernde Chance für mich. Als Silvio die Firma an die nächste Generation, meinen Ehemann Claudio und mich, übergab, widmete sich Claudio voll und ganz dem Parfum und ich habe mich mit meiner neuen Passion Denz Weine angenommen.
BIC: Du hast uns erzählt, dass Du Denz Weine in den letzten Jahren neu ausgerichtet hast. Silvio, Gründer der Denz Weine und Dein Schwiegervater, gilt als sehr erfolgreicher und arrivierter Unternehmer. Wie konntest Du Dich mit Deinen neuen Ideen überhaupt durchsetzen?
Anfangs war ich vorsichtig und tastete mich langsam vor. Aber ich hatte bereits Claudio, meinen Mann, mit im Boot und traute mich daher, meine Vision innerhalb der Familie offen zu teilen. Silvio gab mir einen tollen Vertrauensvorschuss und unterstützte mich zu 100%, obwohl er anfangs wahrscheinlich skeptisch war. Von Anfang an besprachen wir ganz transparent die Strategie, meine Geschäftspläne und Budgets.
BIC: Du hast das Angebot bei Denz Weine deutlich erweitert und suchst bewusst Kooperationen mit neuen Produzenten, insbesondere auch aus Spanien und Italien. Ist es nicht schwierig, wenn man selbst ein Produzent ist? Wird einem nicht dauernd schlummernde Interessenskonflikte vorgeworfen?
Ich habe zuerst das Angebot reduziert, da wir ein grosses Warenlager hatten, ohne klaren Fokus. Zudem war es mir wichtig, unsere eigenen Weine in den Mittelpunkt zu stellen, ihnen eine attraktive Bühne zu geben. Ich wollte bewusst mit Produzenten arbeiten, die ähnliche Werte wie wir vertreten und leben. So kamen ganz neu Weine aus Spanien hinzu. Einen Interessenkonflikt aufgrund dessen, dass wir selbst Produzenten sind, sehe ich nicht. Im Gegenteil, es ist ein Vorteil, da wir genau verstehen, was die täglichen Herausforderungen eines Winzers sind. Somit decken wir mit unserem Engagement und unserer Erfahrung den gesamten «Lebenszyklus des Weins», vom Winzer und Produzent, bis zum Verkäufer und Wiederverkäufer in unserem Auktionshaus, ab.
BIC: Vor zehn Jahren schien es fast so, als ob in fast jedem Stadtviertel von Basel, Bern und Zürich neue Weinhändler eröffneten. Tatsächlich gab es im Jahr 2000 2.345 registrierte Weinhandelsbetriebe, während es im Jahr 2021 bereits 4.990 sind. Das ist mehr als eine Verdopplung. Wie können sich Weinhändler in diesem Wettbewerb noch differenzieren?
Von Anfang an war es für mich die größte Herausforderung, herauszufinden, wer wir sind, wie wir uns im Markt positionieren und wie wir uns von anderen unterscheiden wollen. Ich glaube, dass man dem Unternehmen eine Seele geben muss, eine Identität. Denz Weine ist ein Familienunternehmen, und das soll auch so bleiben. Diesen Wert leben wir mit unseren Mitarbeitern und unseren Produzenten, die wir alle persönlich kennen und mit denen wir in regem Austausch sind.
BIC: Der Marktanteil von Schweizer Wein in der Schweiz ist auf 42 % gestiegen und steigt weiter. Dies verstärkt die Konkurrenzsituation der Weinhändler noch weiter. Macht Dir das Angst?
Ich freue mich darüber, dass sich die Nachfrage nach lokalen Weinen positiv entwickelt und ich persönlich mag auch gerne Schweizer Weine – ganz besonders zu regionalen Gerichten. Klassiker wie Bordeaux und Burgunder oder auch grosse spanische Weine werden nie aus der Mode kommen. Daneben gibt es täglich Neues und immer wieder “Hypes”. Deshalb zählt unsere sorgfältige, professionelle Selektion, die sich nach den Wünschen und Präferenzen unserer Kundinnen und Kunden richtet. Konnten etwa Rotweine jahrelang nicht schwer genug sein, zählen jetzt vermehrt Frische und Eleganz, in guter Balance zu einer gewissen Kraft. Dazu braucht es nicht per se 15 und mehr Volumenprozente. Wichtig sind eine nuancierte, gut eingebundene Säure, reife Tannine und Gerbstoffe, die dem Wein Struktur verleihen.
BIC: Wie findet man gute Produzenten? Was sind Deine Kriterien? Wie wichtig sind wirtschaftliche Faktoren im Vergleich zu deinem Geschmack, deiner eigenen Note und Leidenschaft? Du hast vermutlich nicht die Zeit, monatelang durch Spanien, Italien und Frankreich zu reisen, um alle Produzenten zu besuchen. Oder gehst Du auf Messen?
Natürlich ist «at the end» die Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend, was aber nicht heisst, andere wichtige Kriterien wie etwa im Anbau der Reben oder bei der Vinifikation nicht genauso zu werten. Hinzu kommt unsere Bevorzugung familiengeführter Betriebe, sie passen einfach am besten zu uns. Das ganze Team arbeitet an der Umsetzung dieser Strategie. Wir besuchen auch Messen und Tastings, nutzen aber vor allem unser eigenes Netzwerk in der Weinwelt. Dann gilt es für alle unsere Mitarbeiter wie auch für mich, stets mit wachem Auge (und Nase!) unterwegs zu sein, so gibt es immer wieder interessantes Neues zu entdecken. Wenn es darum geht, aus einer bestimmten Region das Sortiment weiterzuentwickeln, sind Reisen unabdingbar, wir wollen die Leute vor Ort besuchen, um uns ein umfassendes Bild zu ermöglichen. Ein Grundsatz ist wichtig, es darf nie darum gehen, um jeden Preis Neues zu lancieren. Wir müssen wirklich dahinterstehen und suchen Produzenten mit einer eigenen Handschrift, die auch Ecken und Kanten haben darf.
BIC: Unser Magazin verbindet exklusive Autos mit Kunst, Design, Mode, hochwertiger Fotografie und vor allem mit selbst erlebten Geschichten. Welche dieser Elemente haben Dich persönlich angesprochen?
Ich bin ein großer Autofan! Zusätzlich faszinieren mich im THE COLLECTIVE besonders die Design- und Kunstaspekte, da ich auch gerne male und dort eigene Inspiration und auch Zerstreuung finde.
BIC: Mit welchem bekannten Weinproduzenten würdest Du gerne einmal ein Dinner machen?
Obwohl es viele gäbe, ist Peter Sissek einer meiner spannendsten und vertrautesten Gesprächspartner. Er ist bekannt als Macher des Pingus, der zu den höchstbewerteten und teuersten Rotweinen Spaniens gehört, sowie für Château Rocheyron, ein Joint-Venture mit Silvio, ein Juwel auf dem historischen Kalkplateau von Saint-Émilion. Besonders glücklich war ich, dass Peter als Freund der Familie 2018 zu unserer Hochzeit kam und Pingus zum Degustieren für unsere Gäste mitbrachte. In Silvios Umfeld gibt es weitere vielseitige und interessante Charaktere, von denen ich profitieren darf.
BIC: Seit ein paar Wochen bist Du Mutter von Zwillingen. Das hat Dein Leben sicher stark verändert. Wie fühlst Du Dich damit?
Es ist toll! Vieles hat sich so schön und bewusst verändert, und es ist genau zur richtigen Zeit geschehen. Denz Weine war mein erstes Baby, das bereits laufen kann, und jetzt sind meine Zwillingsmädchen dran.
BIC: Wie stark wird sich dadurch Deine berufliche Aufgabe als CEO von Denz Weine verändern?
Ich habe mich anders organisiert und mir bis September eine Auszeit genommen, um für die Kinder da zu sein. Es ist mir wichtig, mich um sie zu kümmern, und bei Zwillingen gibt es sehr viel zu tun. Ich werde familiär sehr unterstützt durch Claudios Mutter Rita, und auch Claudio selber packt mit an. So kann ich bei wichtigen strategischen Themen bei Denz Weine weitergestalten und unterstützen. Für mich ist das kein Widerspruch – es darf verschiedene “Florentinas” geben, da ich alles mit voller Leidenschaft mache.
BIC: Was wird in Bezug auf die Doppelbelastung Mutter und Beruf für Dich das Wichtigste in der Organisation deiner Zeit sein?
Das Wichtigste für mich ist, dass Claudio und ich weiterhin als Team zusammenarbeiten. Wir ziehen klare Grenzen zwischen Kinder- und Arbeitszeit und unter-stützen uns gegenseitig.
BIC: Wie dürfen wir uns Florentina als Weingenießerin vorstellen? Gibt es zu Hause jeden Abend einen guten Wein?
Wein genießen bedeutet für mich nicht, jeden Abend Wein zu trinken. Aber natürlich bringe ich auch Weine von der Arbeit mit, die wir gemeinsam verkosten. Am Wochenende genießen wir gerne mit Freunden oder Silvio in Ruhe einen ausgewählten Wein.
BIC: Wein hat sich, neben Kunst, Uhren, Schmuck und Autos, auch als Sammelobjekt entwickelt. Große Auktionshäuser wie Sotheby’s bieten auch Weinversteigerungen an. Warum sammeln Menschen überhaupt Wein?
Ich hoffe, dass Wein aus Leidenschaft und nicht nur als Investition im Keller gesammelt wird. Ich persönlich wünsche mir, dass man für den richtigen Anlass den passenden Wein bewusst auswählt und genießt. Das Weintrinken hat auch einen wichtigen kulturellen Wert, es Freude am Teilen, am gemeinsamen Geniessen und deshalb mit schönen Erinnerungen verbunden.
BIC: Kaum etwas ist so vielseitig wie Wein. Verschiedene Rebsorten aus vielen Ländern machen den vergorenen Traubensaft für viele Menschen zur echten Leidenschaft. Der Preis schwankt von ein paar Franken pro Flasche bis hin zu einem siebenstelligen Betrag. Aber bedeutet teuer auch immer gut?
Nein, ein hoher Preis ist nicht automatisch ein Indikator für die Qualität eines Weins. Der Preis hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise der Herkunft und Region, dem Jahrgang, dem Namen des Winzers und etwas vom Wichtigsten: der angebotenen Menge an Flaschen jedes Jahrgangs. Es gibt noch andere Faktoren, wie beispielsweise mediale Präsenz. Einige Weine leben von ihrer Geschichte, dem daraus entstandenen Status und Kult. Doch es gibt sehr viele Weine, die zu einem erschwinglichen Preis erhältlich sind und eine hervorragende Qualität bieten. Der Geschmack und die Präferenzen jedes einzelnen Weinliebhabers sind einzigartig und subjektiv, daher ist es wichtig, verschiedene Weine zu probieren und eigene Erfahrungen zu sammeln, um herauszufinden, was einem am besten gefällt.
BIC: Ist das nicht auch eine Doppel-Moral? Auf der einen Seite sehen wir die Trends in Richtung Sustainability, Longevity and Conscious Consumption und auf der anderen Seite erklären wir vergorenen Traubensaft zum Sammelgut. Eine Flasche von Romanée Conti 1945 hat auf einer Sotheby’s Versteigerung einen Preis von USD 558’000 US Dollar erzielt. Wie gehst Du damit um?
Vorab, ich bin kein Moral Apostel. Möglich, dass es einen Widerspruch zwischen dem Trend zur Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und bewussten Konsum einerseits und dem Sammeln von Wein zu astronomischen Preisen gibt. Trotzdem sehe ich Wein als Sammlerstück, was nicht ausschliesst verantwortungsbewusst damit umzugehen. Viele Weinliebhaber sammeln Wein aus Leidenschaft und Interesse an der Geschichte und Kultur des Weins und nicht nur aufgrund seiner hohen Preise. In unserem Auktionshaus prüfen wir daher genau die Historie des Weines, aus welcher Quelle und durch welche Hände er gegangen ist, wie er gelagert und transportiert wurde. Auch um Fälschungen zu vermeiden ist das Netzwerk enorm wichtig. All das ist ausschlaggebend, um verantwortungsbewusst und transparent in der heutigen Zeit zu handeln.
BIC: Würdest Du Dich als Wein-Sammlerin bezeichnen?
In Bezug auf mich persönlich würde ich mich als Anfängerin im Sammeln von Wein bezeichnen. Mein Schwiegervater ist ein erfahrener Sammler und Claudio und ich fangen langsam an, unsere eigene Sammlung aufzubauen.