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Alle Sinne
in Aufruhr

Editorial  

Das Luxusimperium, das sich Silvio Denz aufgebaut hat, ist einzigartig. Düfte, Kristalle, Kunst, Architektur – und vor allem Wein haben es dem Unternehmer angetan. Wir haben ihn gemeinsam mit seinem Sohn, Claudio, im Herzen seines Reichs, im Weinbaugebiet Saint Émilion im Südwesten Frankreichs, besucht. Es ist ein Eintauchen in eine Welt aus Leidenschaft, Werten und Unternehmertum. Innerhalb von 24 Stunden erlebten und lernten wir, wie fließend diese Persönlichkeiten ihr tägliches Portfolio im stetigen Generationenaustausch gestalten und entwickeln. Wissen, Weisheit und auch ein bisschen Weltenseele liefern den Stoff für eine moderne Familiensaga.

Kurz vor unserem Besuch in Frankreich erschien in der Bilanz ein langer Artikel über Silvio Denz und sein Firmenimperium. «Frag Silvio!» lautet die Überschrift, die es perfekt auf den Punkt bringt. Denn Silvio Denz weiss alles über seine Unternehmen, bis ins kleinste Detail. Sein Luxusimperium verbindet auf pragmatische Art Immobilien mit Handwerkskunst und persönliche Führung mit einem starken Netzwerk. Seine Investitionen beruhen auf sinnhafter Schöngeistigkeit und langfristigen Sicherheitskriterien. Hinter dem Erfolg von Silvio Denz stehen ein grosses Arbeitspensum und ein langfristiges Gedankengut, das auf mehrere Generationen ausgerichtet ist. Auch sein Sohn Claudio und dessen Frau Florentina teilen die Passion von Silvio, dennoch sind sie frei, ihre Kreativität und Intuition mit eigenen Projekten voranzutreiben. Wir haben Vater und Sohn im Gespräch in den Rebbergen – quasi sinnbildlich für die Entstehung eines neuen Wein-Jahrgangs – begleitet.

LEIDENSCHAFTLICHE WEINSELIGKEIT
Seine ersten Winzererfahrungen sammelte Silvio Denz mit Freunden in Spanien, aus purer Freude. 1994 stieg er in den Weinhandel ein, der wichtigste Schritt erfolgte 2005 mit dem Kauf von Château Faugères in der Nähe von Bordeaux, das drei hochklassige Weingüter umfasst. Das bezüglich Energie und Finanzen anspruchsvolle Projekt zeigte schon bald Erfolge.  Die Faugères Weingüter umfassen 92 Hektar Weinberge, die leicht erhöht auf einem Plateau, aber dennoch harmonisch in die liebliche Landschaft des östlichen St. Emilions eingebettet sind. Die einzigartige Lage und das Terroir von lehm- und kalkhaltigen Böden sei einer der Hauptgründe für die hohe Qualität seiner Weine, erklärt Silvio Denz während unseres Rundgangs. Vorteilhaft sind die Bedingungen, insbesondere in Sommern wie dem vergangenen, in denen nur ein Drittel des üblichen Niederschlags zu verzeichnen war. Dank ihrer tiefen Wurzeln erhielten die Merlot-Trauben dennoch genügend Wasser und konnten sich vollends entfalten. Eine zusätzliche Bewässerung wäre sowieso nicht möglich gewesen – eine solche ist in der Bordeaux-Region, wo die Weintrauben ausschliesslich auf nachhaltige und natürliche Weise bewirtschaftet werden, nicht erlaubt.

RENÉ LALIQUE UND MARIO BOTTA IN SINNLICHER HARMONIE
Grosse Leidenschaft und das Streben nach Perfektion sind Werte, die in Faugères bereits seit längerem gepflegt werden. So ist etwa das Château Péby Faugères, das Flaggschiff des Weinguts, auf die Initiative der Vorbesitzerin zurückzuführen. 1998 entschied Madame Corinne Guisez, etwa acht Hektaren in der Appellation Saint-Emilion zu separieren, um einen reinsortigen Merlot erster Güteklasse herzustellen. Die hohe Qualität resultiert aus der guten Lage und dem hohen Alter der Reben, die im Durchschnitt ein halbes Jahrhundert alt sind. Den Namen «Péby Faugères» wählte Corinne Guisez im Andenken an Pierre-Bernard, ihren verstorbenen Mann. Die engagierte Arbeit der Vorbesitzerin führt Silvio Denz seit 2005 mit viel Weitsicht weiter.

Aber natürlich bringt Silvio Denz auch eigene Vorstellungen mit, das gilt insbesondere für das Château, den Weinkeller und das Verwaltungsgebäude. In diesen ist jedes Detail sorgfältig geplant, überall finden sich Designerstücke von Lalique: Gläser, Vasen, Karaffen, Duftkerzen und Möbel. Kristall-Paneele, die René Lalique 1920 für den Orientexpress entworfen hatte, zieren die Türen – sie sind übrigens auch auf dem Etikett des Château Péby Faugères zu sehen. Die Glasmanufaktur Lalique gehört seit 2008 zum Portfolio von Silvio Denz: Nach der erfolgreichen Neuausrichtung hat er das Unternehmen in sein Imperium integriert. 

Für ein einzigartiges und luxuriöses Ambiente sorgen auch die mit viel Bedacht ausgewählten Kunstwerke, die in verschiedenen Räumlichkeiten des Schlosses zu sehen sind. Das Herzstück aber ist der Weinkeller, der von Mario Botta gebaut wurde. Die «cathédrale du vin» setzt ein markantes und stilvolles Zeichen inmitten der Rebberge.

IM RHYTHMUS DER NATUR
Zwei Jahre nach dem Kauf von Château Faugères wurde ­Silvio Denz in einer anderen bekannten Weinregion aktiv. In der Toskana, eine seiner Lieblingsdestinationen, übernahm er, zusammen mit Fabio Chiarelotto, die Azienda Montepeloso. Nebst der hohen Qualität der Weine fasziniert ihn insbesondere die Wildheit der Region.

2010 wurden «Vignobles Silvio Denz» um Château Rocheyron erweitert, das keine fünf Kilometer von Château Faugères entfernt liegt. Die 8,5 Hektar grosse Rebfläche wird nach biologisch-dynamischen Prinzipien bewirtschaftet, die auf den Rhythmus der Natur Rücksicht nehmen. Château Rochey­ron betreibt er zusammen mit dem dänischen Önologen Peter Sisseck, der gemeinsame Austausch und die Weiterentwicklung der Weine sind für Silvio Denz Passion und Freude gleichermassen.

2014 bietet sich mit dem Château Lafaurie-Peyraguey eine weitere Erwerbsgelegenheit: ungeplant, aber dennoch mit allen Voraussetzungen, sich bestens in das strategische Konstrukt einzugliedern. Die hier produzierten Weine sind seit 1855 als Premier Grand Cru Classé klassifiziert und passen perfekt zum bestehenden Sortiment, zudem ergeben sich viele weitere Synergien. So bieten das 5-Sterne-Hotel mit 13 Zimmern und das Restaurant mit zwei Michelin-Sternen eine stilvolle Bühne für die Möbel und Accessoires von Lalique, in der eigenen Vinothek wiederum werden die Weine verkauft. 

ZWISCHEN WEIN & WHISKY
Die Fässer werden übrigens im Tausch mit der Schottischen Brennerei Glennturret genutzt. «Der Whisky erhält durch die Reifung in den Sauternes-Fässern fruchtige Aromen wie Aprikose oder Pfirsich, aber auch bisweilen Noten von Honig oder Nüssen. Umgekehrt marinieren wir im Jahr auch zwei Fässer unseres Sauternes Château Lafaurie-Peyraguey in denen der Schottischen Brennerei Glennturret», erzählt Silvio Denz.

Die Zusammenarbeit mit der ehemaligen Schwestergesellschaft von The Glennturret – The Macallan geht bis ins Jahr 2003 zurück – seit dann stellt Lalique Karaffen für die Schottische Traditionsbrauerei her. Mittlerweile werden 50-jährige The Glenturret Single Malts in Lalique-Karaffen bei Sotheby’s für den Preis von GBP 50.000 ihres Wertes versteigert, erzählt Silvio Denz. «Auf den Verkauf von Glennturret wurde ich 2019 von einem Freund aufmerksam gemacht, im Tenderverfahren haben wir schlussendlich den Zuschlag bekommen. Nicht, weil wir das höchste Gebot eingereicht hätten, sondern weil das Mutterhaus Edrington von The Macallan und The Glennturret, ursprünglich drei Witwen gehört hat, von unseren Erfolgsgeschichten begeistert war», erzählt Silvio Denz. Denn sowohl im Elsass (mit der Villa René Lalique) wie in Sautern-Gebiet (mit Château Lafaurie-Peyraguey) hat er 5-Sterne-Hotellerie mit Gourmet-Restaurants erfolgreich etabliert und langjährige Tradition wirtschaftlich wiederbelebt bzw. fortgeführt.

Diese Beteiligung in Schottland hat Silvio Denz zusammen mit Hansjörg Wyss getätigt, beide zu gleichen Teilen. Obwohl diese Struktur zu einer Patt-Situation führen könnte, fühlt sich Silvio Denz wohl. «Wir sind freundschaftlich miteinander verbunden und wollten uns auf Augenhöhe zusammenschliessen. Die operative Verantwortung und die Leitung des Verwaltungsrats liegen bei mir.» Diese gleichberechtige Konstellation hat es Silvio Denz angetan. Beim Weingut Château Lafaurie-Peyraguey hat er mit Michael Pieper ein ähnliches Setup gewählt, zuletzt auch mit Peter Spuhler beim Hotel Florhof in Zürich.

PARFÜMS ENTSTEHEN IM KOPF
Auch Claudio Denz ist in Bordeaux dabei, wie immer tauschen sich Vater und Sohn intensiv, aber jederzeit auf Augenhöhe, aus. An diesem Tag gibt Claudio seinem Vater die neueste Duft-Linie bei Maison Noir zum Testen, seine Meinung ist ihm wichtig. Claudio stieg bereits mit 18 Jahren bei Lalique im Marketing ein, in den folgenden Jahren entwickelte er vielfältige Düfte für Lalique und weitere Brands wie Jaguar und Bentley – oder gar für spezifische Märkte wie Japan.

Nach einigen Jahren wurde sein Wunsch, etwas Neues und Eigenes zu schaffen, immer grösser. Mit dem Kopf voller Ideen und langjähriger Erfahrung bei Lalique, gründete er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner David Weber den Parfumbrand Maison Noir. Die Inspiration für seine Düfte findet er im Alltag oder auf Städtetrips mit seiner Frau Florentina, bei denen er sich von neuen Leuten und Umgebungen inspirieren lässt. Stete Begleiter bei seinen Streifzügen sind Spontanität und Begeisterung.

Silvio Denz (links) und sein Sohn Claudio (rechts)

«Düfte inspirieren unsere Sinne und beflügeln unsere Fantasie. Wir bei Maison Noir glauben, dass für die Kreation grossartiger Parfums ein multidimensionaler Ansatz erforderlich ist.»

Diese Eigenschaften sind auch spürbar, als Claudio uns in die Kunst der Parfum-Entwicklung einweiht. Wir erfahren, dass ein Parfümeur nicht vor Duftstoffen sitzt, wenn er ein Parfüm entwickelt – stattdessen experimentiert er zuerst mit der Duft-Bibliothek in seinem Kopf. Erst in einem letzten Schritt erfolgt die physische Feinjustierung der Duft-Elemente. Der Parfümmarkt ist zudem in ständiger Bewegung, weiss Claudio. So seien nicht wie vermutet traditionelle Düfte wie Chanel N°5 stets Marktführer – im Prestigebereich etwa werde Paco Rabanne seit fünf Jahren in Folge wesentlich besser verkauft. «Das Duftempfinden verändert sich, Brands verändern sich», sagt Claudio. Bei Maison Noir haben sie sich bewusst für die Nische entschieden, bei der der Fokus klar auf dem Duft liegt. «Wir erzählen den Duft und porträtieren ihn auf verschiedene Arten. Visuell, kommunikativ und olfaktorisch erzeugen wir eine Dreidimensionalität und öffnen dem Kunden quasi die jeweiligen Türen zu surrealen Räumen, um in eine Duftwelt einzutauchen», erzählt Claudio. Das heisst konkret: acht Duftrichtungen à vier Düfte (frisch, aromatisch, gourmand-süss und holzig-oud), die sich substanziell unterscheiden. Zwei weitere Düfte, mit denen die Sinne auf Reisen geschickt werden, werden 2023 lanciert.

ZWEI GENERATIONEN AUF AUGENHÖHE
Claudio ist sich des grossen Glücks bewusst, dass er die Materie Parfum in der Schweiz kennenlernen durfte und auch bei allen anderen Unternehmungen dabei war. Das Denz-Universum sei sehr breit und beinhalte viele Passionsprojekte, die sie untereinander aber weder vergleichen noch bewerten. Bei Claudio ist die Leidenschaft für Wein nicht ganz so gross wie diejenige für Parfums, dafür nimmt seine Frau sich dem Wein umso leidenschaftlicher an – Florentina leitet als Geschäftsführerin die Weinhandelsfirma Denz Weine. Dafür hat sie vor Jahren ihren Job beim Software-Unternehmen SAP aufgegeben und sich in zahlreichen Lehrgängen und on-the-job zur Weinexpertin ausbilden lassen. Da Florentina aufgrund ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft nicht persönlich bei unserem Besuch auf Château Faugères dabei sein konnte, führten wir mit ihr anschliessend ein seperates Gespräch, um ihre Perspektive sowie ihre Wein-Erfahrungen einzubringen.

Das unternehmerische Zusammenspiel mit seinem Vater bezeichnet Claudio als ständigen Prozess. Grundsätzlich sei es wichtig, die Domänen aufzuteilen und klar zu definieren, wer wo verantwortlich ist. Der Generationenunterschied führe teilweise zu unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen. Um die jeweiligen Themen voranzutreiben, sei es besser, die Hoheiten klar zu definieren. Manchmal tue es aber auch einfach gut, die Führung abgeben zu können, so Claudio.

«Wein und Parfum zu kreieren, hat viel gemeinsam: die Sinne komponieren auf einer Orgel von Aromen, so wie der Musiker die Noten zu einem Lied virtuos zusammensetzt. Die Muse bringt den persönlichen Touch.» S.D.

Silvo Denz, der von der Zeitung Le Figaro einst als «Verkäufer von Emotionen» bezeichnet wurde, ist jedoch wichtig, dass der kommerzielle Aspekt vor lauter Leidenschaft nicht vergessen geht. Ihm ist wichtig, dass Claudio und Florentina immer ihre Familie ernähren können. Von seinem Vater weiss Claudio auch, dass Grund und Boden in jeglichen Situationen zur Absicherung dienen. Zu Claudios 18. Geburtstag überschrieb er ihm eine erste Immobilie in Luzern, auf der Claudio ein eigenes Portfolio aufbauen konnte. Zudem möchte Silvio den beiden etwas hinterlassen, das auf solidem Fundament steht und keine Kopfschmerzen bereitet.

DIE PERFEKTE ERGÄNZUNG
Sein neuestes Projekt, der Erwerb von Fabric Frontline, der traditionsreichen Seidenmarke, passt sogar historisch perfekt in den Kontext: Lalique-Firmengründer Rene Lalique kreierte bereits 1914 Seidenfoulards, 2015 erschien bei Lalique eine erste Collection dazu.

Der vorletzte Neuzugang in Silvio Denz Luxusimperium ist das Zürcher Traditionshotel Florhof, das er zusammen mit Peter Spuhler erworben hat. Auch der Florhof strotzt nur so von Geschichte. Ab dem 17. Jahrhundert es der einflussreichen Seiden-Handels-Familie Lavater-Oeri als Stammsitz, heute ist das Gebäude der letzte aus dieser Zeit erhaltene Seidenhof. Diese Geschichte wird spätestens in der Chronik des rund 600-jährigen Florhofs nachzulesen sein, während die Seidentapeten in den Zimmern zu bestaunen sind.

Die Synergien des Florhofs und Fabric Frontline liegen auf der Hand. Co-Branding-Ideen für Hotels oder in Duty-free-Bereichen, Geschenke bis zur Line-Extension, Kerzen und Foulards: Silvio und Claudio Denz sprühen regelrecht vor Ideen. Alles liegt wunderbar auf der Hand – oder besser in ihren Händen. Die Sinne sind definitiv in Stimmung für weitere Abenteuer.