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Auf die Spitze
getriebene Perfektion

Editorial  

Seit fast 150 Jahren verarbeitet Robbe & Berking Silber zu kunstvollen Gegenständen, die Essensäle, Restaurants und Yachten weltweit zum Strahlen bringen. Das zweite Standbein des norddeutschen Unternehmens sind Holzyachten, die liebevoll restauriert oder nachgebaut werden. Um besser zu verstehen, was die Faszination von Silber und Holz ausmacht, haben wir Geschäftsführer Oliver Berking in Flensburg besucht.

Ob Oliver Berking von Silberlöffeln oder Holzbooten spricht, spielt keine Rolle. Beides sind gelebte Passionen und von Menschenhand geschaffene Kunstwerke, die die Welt von Robbe & Berking zum Vibrieren bringen. Berkings Unternehmergeist beruht auf Bauchgefühl, strahlt gleichzeitig aber eine enorme Kraft und Beharrlichkeit aus. Gepaart mit seinem Talent, Netzwerke aufzubauen und Begeisterung zu wecken, schafft er es, längst vergessene Zeiten wieder aufleben zu lassen. Mehr noch: Robbe & Berking liefert den Beweis, dass man auch in Deutschland immer noch einzigartige, handgefertigte Luxusprodukte in höchster Präzision herstellen kann – und sollte. Das gilt sowohl für die Silber-Manufaktur, den Weltmarktführer für Tafelsilber, als auch für die Classic-Werft, die als absolutes Kompetenzzentrum für Holz-Yachten der Grössenklasse 12mR gilt.

Die Weltmarktführerschaft verdankt Robbe & Berking einem Motto, das von Oliver Berkings Ururgrossvater stammt: «Andere mögen es preiswerter machen, aber keiner darf es besser machen als wir.» Oliver Berking leitet das Flensburger Familienunternehmen in fünfter Generation. Seit 1985 baut er die Manufaktur kontinuierlich aus und stellt sicher, dass alle Arbeitsschritte ausschliesslich in den eigenen Werkstätten anfallen. «Heute sind wir mit Abstand der grösste Hersteller von Silberbesteck der Welt – und das mit nur 150 Angestellten.»

LANGLEBIGE TRADITION STATT KURZFRISTIGER TRENDS
Noch vor 80 Jahren gab es allein in Norddeutschland drei Hersteller, erzählt uns Oliver Berking auf dem Rundgang durch die Produktionsstätte in Flensburg, die 1874 in Betrieb genommen wurde. Bis zu 20 Tonnen Silber pro Jahr werden hier in den verschiedenen Kollektionen, die insgesamt 4000 verschiedene Artikel umfasst, verarbeitet. Robbe & Berking führt 30 unterschiedliche Besteckstilrichtungen – sowohl in silberner und versilberter Ausführung –, die aus jeweils 50 Einzelteilen bestehen, von der Austerngabel bis zur Zuckerzange. 50 Arbeitsgänge sind nötig – darunter Schneiden, Schleifen, Polieren und zwei Qualitätskontrollen – bis zum fertigen Löffel. Ergänzend dazu werden Kandelaber und viele weitere wunderschöne Tafel-Accessoires für die perfekte Tischkultur hergestellt.

Die über 2000 Mutterformen, aus denen die stählernen Schnitt- und Prägewerkzeuge für die verschiedenen Besteck-Muster in aufwendiger Handarbeit hergestellt werden, werden im «Fort Knox» der Werkstatt gelagert. Seit 1991 bietet Robbe & Berking eine Nachkaufgarantie, die sicherstellt, dass alle silbernen und versilberten Ergänzungsteile mindestens bis zum Jahr 2040 nachgekauft werden können. Der lange Lebenszyklus ist ein Zeichen des Erfolgs, denn nur die schönsten Muster und Designs werden umgesetzt. Man laufe nicht jedem Trend hinterher, so Berking, sondern entwerfe Kollektionen, die Generationen überdauern. Diese Konsistenz sei wichtig für Privatkunden und Sammler, die Tradition und Werte schätzen, aber auch für Hotels und Restaurants, die auf Verlässlichkeit und Stil bauen.

«FANG BLOSS NICHT AN ZU SPEKULIEREN!»
Der kleine Silberstempel auf der Rückseite des Tafelsilbers zeigt nicht nur die Herkunft an – die alte Reichskrone steht für Deutschland, der Halbmond für Silber –, sondern auch die Feinstofflichkeit. Sprich, ob es sich um ein silbernes oder versilbertes Besteck handelt. Die Differenz von 925 Sterling Silber – reines Silber wäre zu weich, der kleine Kupferanteil sorgt für die Stabilität – zu versilbertem Besteck führt zu einem zirka viermal höheren Preis. Zudem ist Silber ein an der Börse gehandeltes Material, dessen Kurs sich ständig verändert. Oliver Berking folgt dem Rat seines Vaters, der einst sagte: «Fang bloss nicht an zu Spekulieren!» Den Zeitpunkt der Silberbestellungen – er bezieht ausschliesslich von deutschen Lieferanten – wählt Berking basierend auf langjähriger Erfahrung und Intuition. Zudem hat er die Börsenkurse ständig im Blick und stimmt sich mit der Produktion ab.

Als Geldanlage fungiert das Tafelsilber nicht, dennoch bietet Robbe & Berking seit 2009 den An- und Verkauf von Gold- und Silberbarren sowie Münzen an. Dabei werden die Verkaufspreise regelmässig den internationalen Gold- und Silberkursen angepasst. Die bald 150-jährige Erfahrung im Edelmetall-Geschäft sowie das Verkaufsnetz mit elf Filialen in grossen deutschen Städten sind nicht nur ein grosser Vorteil. Sie sind ein Zeichen, dass das Luxuslabel nah bei den Kunden und auf Erfolgskurs ist.

PARTNERSCHAFTEN & INNOVATIONEN
Weit über die Hälfte der 200 grössten Yachten der Welt sind mit Silber von Robbe & Berking ausgestattet. Die Restaurants, welche die Produkte der Manufaktur nutzen, vereinen Hunderte von Michelin-Sternen. Auch zahlreiche Luxus- und Premium-Automarken pflegen ein ausgesprochen partnerschaftliches Verhältnis zu Robbe & Berking. Unter anderem BMW, das für BMW Individual ein Meisterwerk der Schmiedekunst in einem 7er BMW verwirklicht. Über zehn Kilogramm Sterling Silber wurden im Interieur und Exterieur «tailor made» eingebaut. So etwa in den mit Hammerschlag gefertigten Martelé-Türgriffen oder dem emaillierten BMW-Emblem.

«Im Bereich Produktentwicklung fühle ich mich so wohl wie seit langem nicht mehr», erzählt uns Oliver Berking, als wir an seinem neuen Meisterwerk vorbeigehen, einem in seiner Werft gefertigten Barwagen aus Mahagoniholz. Eine wunderbare Design-Augenweide, die dank der Silber-Barkollektion vom Champagnerglas bis zum Whiskybecher sowohl Privatwohnungen wie Geschäftsräumlichkeiten stilvoll bereichert. Auch die Besteckbox, die das Silberbesteck aus der Schublade auf den Tisch bringt, sei ein voller Erfolg. Man wolle weiter die Welt erobern, so Berking, unter anderem auch den chinesischen Markt. Parallel arbeite man an einem neuen Webshop, um jederzeit und überall erreichbar zu sein.

Wir stehen mit Oliver Berking in der Werfthalle am Flensburger Stadthafen, die er sich 2008 zugelegt hat – wohlgemerkt ohne Businessplan. Berkings zweite Leidenschaft, Segelyachten aus Holz, begann mit der Restauration der «Sphinx». Die klassische 12mR-Regatta-Yacht wurde 1939 als Flaggschiff für den Norddeutschen Regatta Verein NRV, einer der feinsten Segelclubs Deutschlands, gebaut. Anschliessend wurde sie 50 Jahre von der Deutschen Marine als Ausbildungsschiff für Offiziersanwärter genutzt.

2005 stand die «Sphinx» zum Verkauf. Oliver Berking und zwei Partner wollten nicht zulassen, dass das Boot die Flensburger Förde verlässt: Sie reichten gemeinsam ein Angebot ein und erhielten bei der Versteigerung den Zuschlag. Von 2006 bis 2008 führte Berking mit seinem Team eine grundlegende Restaurierung nach den Originalplänen der Bauwerft durch. An ein Gelingen des Unterfangens glauben damals die wenigsten. «Die Mitglieder des Restaurationsteams wurden als verrückte Jungs bezeichnet, die das Boot zerstören würden», erzählt Berking mit strahlendem Lachen. Dass Berking und sein Team das bei der Restauration erworbene Wissen nicht verlieren wollten, legte den Grundstein für den Bau der Werft. Seither restaurieren sie hier klassische Motor- und Segelyachten sowie Repliken besonders schöner, verlorengegangener Klassiker. Auch neuere Konstruktionen werden mit Liebe zum Detail und grosser Leidenschaft nachgebaut. Nach historischen oder neuen Plänen, auf traditionelle Art oder in moderner Bauweise – aber immer aus Holz und von Hand.

FLENSBURGS KOMPETENZ
«Die Recherche nach verlorengegangenen Yachten und deren originalen Bauplänen ist eine unserer wichtigsten Aufgaben», erklärt Oliver Berking. So seien bereits einige berühmte Rennyachten der 6- oder 12-Meter-Klassen gerettet worden, sprich: restauriert oder nachgebaut. Darunter der letzte Lebensentwurf des legendären norwegischen Yachtbauers und Segel-Olympiasiegers Johan Anker, der mit 76 Jahren Verspätung in der Werft verwirklicht werden konnte. Zur Kiellegung 2015 erschien sogar der norwegische König Harald V. in Flensburg.

«Mit den Neubauten haben wir noch nie etwas verdient», berichtet Oliver Berking. «In unserer Bibliothek habe ich zwar Millionen Seiten an Plänen und Informationen, damit ich mit dem Kunden die Linien definieren, Rechte klären und nach bestem Wissen und Gewissen kalkulieren kann. Aber am Ende gibt es immer noch so viel mehr zu tun. Dennoch gibt es diesen kleinen aber vitalen Markt für exklusive, hochwertig produzierte oder restaurierte Sammlerstücke überall auf der Welt. Das beweist auch die Erfahrung der Silbermanufaktur. Mein Traum ist es, Flensburg als Kompetenzzentrum für den Bau klassischer Yachten weiter zu etablieren.»

Berkings Leidenschaft für klassische Rennyachten zieht mittlerweile Jahr für Jahr rund 100’000 Besucher auf sein Gelände. Zudem veranstaltet das Unternehmen den Robbe & Berking Sterling Cup, eine Klassikerregatta, die seit 1995 gemeinsam mit dem Flensburger Segel Club alljährlich auf der Flensburger Förde austragen wird. 2019 gelang es Oliver Berking sogar, die «Induction Ceremony» der legendären Hall of Fame des America’s Cup in seine Flensburger Werft zu holen. Seit 1992 wurden mehr als 80 Cup-Legenden in den erlesenen Kreis aufgenommen, bis auf wenige Ausnahmen fand die Aufnahmezeremonie immer in den USA statt. Gäste aus aller Welt strömten in die Räumlichkeiten des Robbe & Berking Yachting Heritage Centers und bescherten der Flensburger Werft grosse internationale Aufmerksamkeit.

WINTERGÄSTE MIT GEMEINSAMER GESCHICHTE
Im Winterlager der Werft befinden sich legendäre Yachten von bekannten Besitzern und Erbauern, die teils durch besondere Ereignisse eng miteinander verbunden sind. So etwa «VIM» und «Gretel», wie uns Oliver Berking erzählt. «VIM» wurde 1939 vom US-Unternehmer Harold Vanderbilt bei der New Yorker Werft Olin Stephens in Auftrag gegeben und zeichnete sich schon damals durch ihr modernes Design aus. Die Yacht erzielte unzählige Regatta-Erfolge, die bis heute anhalten. So gewann «VIM» unter anderem die 12-Meter-Klasse des Robbe & Berking Sterling Cup 2021.

Die australische Yacht «Gretel» wurde vom Konstrukteur Alan Payne 23 Jahre später erbaut – nach dem Vorbild der «VIM» –, um als Herausforderer (Challenger) des America’s Cup 1962 anzutreten. Zur Vorbereitung auf den Cup trainierten die Teams der beiden Yachten gemeinsam, am Ende behielten die Amerikaner das bessere Ende für sich.

In den Folgejahren diente die schnelle «Gretel» noch etlichen anderen Teams als Sparringspartnerin, später wurde sie nach Europa verkauft und segelte viele Jahre in Italien. Hier wurde sie von der Yachtwerft Robbe & Berking Classics entdeckt und seither befindet sich die «Gretel» in der Flensburger Werft. «Wir wollen das Schiff in den Originalzustand von 1962 zurückversetzen», sagt Werftchef Oliver Berking. «Die Gretel ist ein einmaliges Stück Yachtsportgeschichte und muss unbedingt erhalten bleiben.»

DIE FASZINATION VON VERSCHWUNDENEN BRANCHEN
Robbe & Berking Classics ist nicht nur eine Werft, sondern gleichzeitig Museum, Bibliothek, Restaurant, Yachtmakler – und ein kleiner Verlag. Mit all diesen Attraktionen lädt -Berking dazu ein, eine Reise nach Flensburg zu machen und die Faszination des Lebens im, am und auf dem Wasser zu erleben. Auch hier ist alles pure Emotion, von der Ausstattung mit historischen Details bis zur international bedeutendsten Sammlung antiquarischer Yachtsportliteratur mit rund 9600 Werken. Abgerundet wird das perfekte Erlebnis von einem italienischen Restaurant. 

Bei unserem abschliessenden gemeinsamen Mittagessen zeigen sich Oliver Berkings innovative Leidenschaft und grenzenlose Emotion ein weiteres Mal. «Das ist ein bisschen die Geschichte meines ganzen Lebens: Beide Branchen meiner Leidenschaft gibt es eigentlich nicht mehr! Es braucht kein Holzboot und keinen Silberlöffel, das ist Luxus. Wir sind das, was die Menschen mit der guten alten Zeit verbinden. Die Welt verändert sich und doch haben uns Krisenzeiten immer Besinnung beschert.»