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The curated ones

Editorial  

B.I. Collection (BIC): Wann und wie entstand deine Leidenschaft für besondere Fahrzeuge?

Adrian Gattiker: Die geht weit zurück, bis auf mein 13. Lebensjahr. Auf dem väterlichen Fabrikareal brachten mir seine Chauffeure das Fahren der betrieblich genutzten Kleintransporter Mercedes L319, Opel Blitz oder Land Rover bei. Diese doch recht besonderen Fahrzeuge gingen mir nie aus dem Kopf und markierten den Beginn meiner Leidenschaft für spezielle und historische Fahrzeuge.

BIC: Kannst du uns erzählen, wie der Aufbau deiner Sammlung begann? Gab es ein bestimmtes Ereignis oder Modell, das dich inspirierte? 

AG: Mein guter Freund Paul, ein Classic-Car-Aficionado, gab mir den Rat, unbedingt ein top Fahrzeug zu erwerben, ansonsten sei meine Freude an historischen Fahrzeugen von kurzer Dauer. Seinen guten Ratschlag in den Ohren erwarb ich einen handgeschalteten, dunkelblauen Ferrari 412 in Originalzustand und mit astreiner Vorgeschichte. Das war ein toller Einstieg in die Klassik-Szene und hat mich darin bestätigt, dass es sich lohnt, in hohe Qualität zu Investieren. Der F 412 war mir dann aber doch etwas zu wenig sportlich. Auf der Suche nach dem richtigen Fahrzeug habe ich ihn eingetauscht gegen einen gelben Maserati Ghibli, Baujahr 1970.

BIC: Welche Strategie hast du beim Aufbau deiner Sammlung verfolgt? 

AG: Meine ungeteilte Aufmerksamkeit galt schon früh dem Mercedes 300SL (W-198), gebaut zwischen 1954 und 1963, bekannt als Flügeltürer und Roadster. 2008 hatte ich die Gelegenheit, von einem Architekten-Ehepaar aus Gstaad einen seit 40 Jahren in Familienbesitz befindenden Mercedes 300 SL «Leichtbau» zu erwerben, einen sogenannten Alu-Flügler. Zu diesem Juwel, von dem nur 29 Stück für Rennsporteinsätze gebaut wurden, kam ich eher durch Zufall. Mein eigentliches Ziel war ein 300 SL Roadster, den ich später ebenfalls erwerben konnte. Im Laufe der Jahre konnte ich meine Sammlung durch weitere aussergewöhnliche und seltene Mercedes-Modelle erweitern. 

BIC: Gibt es Fahrzeuge in deiner Sammlung, die eine besondere Bedeutung für dich haben? 

AG: Einerseits die Fahrzeuge, mit denen ich spezielle Veranstaltungen wie Mille Miglia oder Goodwood Festival of Speed gefahren bin. Andererseits jene Modelle, die eine besondere Erwerbsgeschichte haben. So wie der Roadster, dessen Vorbesitzer das Fahrzeug als erster zugelassen und ihn über 40 Jahre besessen hat. Es dauerte 13 Jahre, bis ich ihn kaufen durfte. In dieser Zeit habe ich bei unzähligen Restaurantbesuchen seine spannende Lebensgeschichte erfahren. Leider ist der Besitzer nach elf Jahren und zahlreichen Treffen verstorben, ohne dass ich das gute Stück erwerben konnte, ich musste die Kaufbemühungen mit seiner Witwe fortführen. Der silbrige Mercedes 300 SL Flügeltürer wiederum war ein sogenannter «Scheunenfund». Dank Hinweisen von Freunden aus dem Mercedes-Benz 300 SL Club wurde ich auf das Fahrzeug, das sich in einem Schopf nahe Winterthur befand, aufmerksam. Der Wagen stand über 30 Jahre unbewegt an Ort und war mit Gegenständen zugestellt, im Fahrzeuginnern lagerten defekte Fahrzeugteile. Es dauerte über ein Jahr, bis wir das Vertrauen der Besitzerfamilie gewonnen hatten und das fahruntüchtige Fahrzeug endlich inspizieren durften. Nochmals zwei Jahre dauerten die Verhandlungen und vertrauensbildenden Massnahmen, bis die Besitzerfamilie dem Verkauf zustimmte. 

BIC: Kennst du auch die Renngeschichte deiner Fahrzeuge?

AG: Ja, etwa beim einzigartigen 300 SL «Leichtbau», der auf Kundenwunsch in Bayrischblau lackiert wurde. Mit diesem Modell hat der französische Rennfahrer René Cotton diverse Erfolge gefeiert, zum Beispiel den Gesamtsieg beim französischen Bergrennen Mont Ventoux. Bei Beschleunigungsrennen an der Tour de France hat er sogar mehrmals Sir Stirling Moss geschlagen. René Cottons Witwe hat mir in Nizza das umfangreiche Familienarchiv geöffnet und alte Bilder, Ranglisten und Hintergrundinformationen zum Fahrzeug und seinem Fahrer überlassen. Auch den Sohn seines damaligen Copiloten und Rennnavigators durfte ich kennenlernen. Seine Erinnerungen und Erzählungen haben ebenfalls viel zur Aufarbeitung der Fahrzeuggeschichte beigetragen.

BIC: Wie wartest du deine Fahrzeuge?

AG: Alle meine Fahrzeuge erhalten eine jährliche Wartung nach dem Konzept «Condition Based Maintenance», bei dem der Umfang der Wartungsarbeiten anhand der gefahrenen Kilometer und des Zustands bestimmt wird. Durchgeführt werden diese Arbeiten von qualifizierten Fachleuten. Die Mercedes-Fahrzeuge gehen zusätzlich alle paar Jahre ins Mercedes-Benz Classic Center in Stuttgart-Fellbach, wo sie gewartet und überprüft werden. So wird auch die Originalität gewährleistet. Kleinere Reparaturen während der Saison werden von einem pensionierten Sauber-F1-Rennmechaniker ausgeführt.

BIC: Hast du jemals Fahrzeuge aus deiner Sammlung verkauft? War es schwierig, sie gehen zu lassen?

AG: Bis zur Findung meiner Sammlerphilosophie habe ich einige Fahrzeuge der Marken Maserati und Lamborghini verkauft. Gerade bei den Lamborghini war es kein leichter Entscheid, aber ich wollte mich auf eine Marke konzentrieren. Damit ich guten Gewissens verkaufen konnte, musste der Käufer bestimmte Kriterien erfüllen.

BIC: Wo und wie kannst du deine Sammlung am besten geniessen? Welche Rolle spielen Veranstaltungen?

AG: Einerseits, wenn ich sie mit Freunden genauer betrachte, aber auch beim Fahren an Rallys oder auf Rennstrecken kommt grosse Freude auf. Genau dafür wurden die Autos ja gebaut – und das merkt man noch heute.

BIC: Hast du konkrete Ziele, wie sich deine Sammlung weiterentwickeln soll?

AG: Vor allem auf qualitativer Ebene – es gibt da schon noch das eine oder andere Modell, das die Sammlung perfekt ergänzen würde. Dazu braucht es eine Vision und eine Strategie, wie man sie verwirklicht. Wenn man kompromisslos das Beste erwerben will, ist Geduld gefragt. Aber gute Kontakte und Beziehungen in die Sammlerszene können helfen, etwas schneller voranzukommen.

BIC: Welche Prognosen hast du für den Markt der Sammlerfahrzeuge?

AG: Der Sammlermarkt hat sich unterschiedlich entwickelt. In Nordamerika sind die Preise für top Fahrzeuge auch in diesem Jahr aussergewöhnlich hoch, in Europa ist die Preisentwicklung selektiver. Hohe Preise erzielen hier vor allem stark gesuchte Fahrzeuge aus den 1990er- und 2000er-Jahren. Aber auch in Europa gilt: Fahrzeuge, die in Topzustand sind, werden immer gute Preise erzielen.